Im Marchfeld, eingebettet zwischen den Metropolen Wien und Bratislava, waren einst weite Teile mit Sanddünen bedeckt. Aufforstung und Ackerbau drängten die nacheiszeitlichen Flugsandgebiete bis auf wenig verbliebene Flächen zurück. Die Marktgemeinde Lassee beheimatet noch einige der seltenen Sandsteppen, die in den drei Naturschutzgebieten „Lassee“, „Erdpresshöhe“ und „Windmühle“ liegen. Sie bieten Lebensraum für einzigartige und zugleich hochgradig gefährdete Flora und Fauna. Die drei Naturschutzgebiete sind Teil der Natura 2000-Schutzgebiete „Pannonische Sanddünen“ und „Sandboden und Praterterrassen“. Sie wurden 2009 als Vogelschutzgebiet und 2011 als Fauna-Flora-Habitat Gebiet ausgewiesen.
Um die Erhaltung dieser wertvollen Sandlebensräume langfristig zu sichern, hat die Marktgemeinde Lassee in Zusammenarbeit mit Expert:innen der Schutzgebietsbetreuung Niederösterreich und der Naturschutzabteilung Niederösterreich ein Beweidungsprojekt ins Leben gerufen. Das Projekt wird durch Blühendes Österreich – BILLA gemeinnützige Privatstiftung sowie durch EU-Fördermittel der LEADER-Region Marchfeld finanziert.
Susanne Rosenkranz, Landesrätin für Naturschutz, weist auf die Bedeutung des Projektes hin: „Die Erhaltung der Sanddünen in Lassee ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie wertvolle Naturräume für kommende Generationen geschützt werden können. Dieses Projekt zeigt eindrucksvoll, wie durch engagiertes Handeln und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren ein einzigartiger Lebensraum bewahrt und die Artenvielfalt nachhaltig gesichert werden kann. Es ist ein Meilenstein für den Naturschutz in Niederösterreich und ein starkes Signal für unsere Verpflichtung, die Natur in ihrer ganzen Schönheit und Vielfalt zu schützen.“
Islandpferde als natürliche Landschaftspfleger
Beim Lokalaugenschein in der Marktgemeinde Lassee wurden die Flächen der Naturschutzgebiete und das Beweidungsprojekt vorgestellt. Die Flächen werden durch die Islandpferde des örtlichen Islandpferdehofs unter der Leitung von Pferdewirtin Petra Busam extensiv beweidet. Petra Busam unterstreicht die Wirkung der Beweidung: „Historisch gesehen waren es die großen Weidetiere, die dem Marchfeld die Artenvielfalt brachten. Mit dem Rückgang der Weidewirtschaft gingen viele dieser Lebensräume samt der Arten verloren. Die Pferdebeweidung hilft, die Verbuschung der Sandsteppe zu verhindern und so die Biodiversität zu erhalten. Ich freue mich, mit meinen Pferden einen Beitrag leisten zu können.“
Tobias Schernhammer, Schutzgebietsbetreuer und Geschäftsführer von V.I.N.C.A. – Institut für Naturschutzforschung GmbH, fügt hinzu: „Durch die Beweidung entstehen offene Bodenbereiche zudem sichert der Pferdedung bis zu 500 Arten von Insekten das Leben. Durch das selektive Grasen fördern die Pferde die Vielfalt der Kräuter und Blumen, während Gräser zurückgebissen werden. Anders als bei einer reinen Mahd, wird so zur Erhaltung dieser artenreichen Lebensräume beigetragen.“
Neue Weideinfrastruktur schützt die Sandsteppe
Dank der LEADER-Förderung sowie der finanziellen Unterstützung der BILLA Stiftung Blühendes wurde ein neuer Weidezaun um das 7,7 Hektar große Gebiet errichtet. Diese feste Weideinfrastruktur ermöglicht eine effiziente Beweidung und verhindert das illegale Befahren der Naturschutzflächen.
Roman Bobits, Bürgermeister der Marktgemeinde Lassee, zeigt sich erfreut: „Mit diesem Projekt treiben wir den Schutz unserer einzigartigen Landschaft weiter voran. Besonders erfreulich ist, dass wir mit dem lokal ansässigen Islandpferdehof Lassee kooperieren, der die Gebiete bestens kennt und die Beweidung verantwortungsvoll durchführt.“
LEADER Obmann Bgm. LAbg. René Lobner unterstreicht: „Mit dieser Initiative verbinden wir erfolgreich Naturschutz mit regionaler Wertschöpfung. Wir bewahren unser kulturelles Erbe und fördern die nachhaltige Entwicklung der LEADER Region Marchfeld. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Stärkung des Umweltbewusstseins in unserer Region und bei Besucher:innen.“
Gábor Wichmann, Geschäftsführer von BirdLife Österreich und Vorstand Blühendes Österreich, betont die Bedeutung der Natura 2000 Schutzgebiete:„Das Natura 2000 Netzwerk stellt ein wesentliches Element für den Schutz unserer Natur in der Europäischen Union dar. Es verbindet auf einzigartige Weise nachhaltiges Wirtschaften mit dem Erhalt unserer vielfältigen Natur. Für dieses Konzept wird die EU weltweit bewundert.“
Sandsteppen: Ein Lebensraum voller Extreme
Die pannonischen Sanddünen des Marchfeldes gehören zu den trockensten und gleichzeitig auch wertvollsten Lebensräumen in Niederösterreich. Dies ist sowohl auf das pannonische Klima als auch auf die geringe Wasserhaltefähigkeit des Sandes zurückzuführen. Regenwasser versickert schnell und wird nicht im Boden gespeichert, weshalb diese Kulturlandschaft nur von trockenheitsresistenten Pflanzen erobert werden konnte. So sind geschützte Pflanzenarten wie das Sand-Gipskraut (Gypsophila fastigiata subsp. arenaria) und die Späte Federnelke (Dianthus serotinus) im pannnonischen Sandtrockenrasen heimisch. Auch seltene Tiere wie die Dünen-Steppenbiene (Nomioides minutissimus), der Großer Feuerfalter (Lycaena dispar) und der Ziegenmelker (Capimulgus europaeus) sind bestens an diesen Sandlebensraum angepasst.
Neophytenbekämpfung: Einsatz für die Natur
Neben Verbuschung und Verfilzung gefährden invasive Pflanzenarten wie die Große Goldrute (Solidago gigantea) und die Robinie (Robinia pseudacacia) die Naturschutzgebiete. Durch gezielte Pflegeeinsätze werden diese Pflanzen entfernt. Der nächste Pflegeeinsatz findet am 18. Oktober 2024 um 14 Uhr in der „Uhuhütte“ statt. Freiwillige Helfer:innen sind herzlich willkommen.
Quelle Blühendes Österreich am 14. September 2024